Fototipp: Leuchtende Wolken am nächtlichen Sommerhimmel
Leuchtende Nachtwolken sind ein Phänomen, das nur in den Monaten um die Sommersonnenwende am nächtlichen Himmel zu sehen ist. Im englischen heißen sie Noctilucent clouds, abgekürzt NLC.
So entsteht das Phänomen
Leuchtende Nachtwolken (Noctilucent Cloud, NLC) zählen zu den höchsten und rätselhaftesten Wolkenformen unseres Planeten. Es handelt sich um Ansammlungen von Eiskristallen in der Mesopause, der atmosphärischen Grenzschicht zwischen Mesosphäre und Thermosphäre. In dieser extrem kalten atmosphärischen Schicht herrschen Temperaturen von unter -120°C.
Cirrus-Wolken, die höchsten gewöhnlichen Wolken, entstehen bis zu einer Höhe von 13 km, dann, wenn Wasser als Eiskristalle auf Staub, Ruß, anderen Aerosolen oder auch synthetischen Schadstoffen kondensiert. Leuchtende Nachtwolken dagegen entstehen in einer Höhe von 80 bis 85 km und bestehen zum Teil aus außerirdischen "Zutaten". Der Wasserdampf, der von der unteren Atmosphäre aufsteigt, trifft auf Meteor-"Rauch". Das ist rußiger Schutt, den Meteoroiden in der Atmosphäre zurücklassen. Der Wasserdampf kondensiert als winzige Eiskristalle auf diesen Partikeln. Aber auch schwefelreiche, vulkanische Gase, die von Vulkanen bei einem Ausbruch in die Höhe geschleudert werden, können als Kondensationskerne dienen.
Wann und wo kann man Leuchtende Nachtwolken beobachten?
Leuchtende Nachtwolken sind eine saisonale Himmelserscheinung. In der nördlichen Hemisphäre erscheinen sie von Ende Mai bis etwa Mitte August, wobei die Wochen um die Sommersonnenwede die besten sind, da in dieser Zeit in der Mesosphäre die niedrigsten Temperaturen herrschen. Am Besten kann man sie sehen, wenn man sich zwischen dem 50sten und 70sten nördlichen Breitengrad aufhält. Ich habe sie von Berlin aus beobachtet. Die Stadt liegt etwa auf dem 52sten nördlichen Breitengrad. Durch ihre enorme Höhe leuchten die NLC sowohl in der Abend- als auch in der Morgendämmerung ein bis zwei Stunden nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang. Dann, wenn die Sonne sich mindestens 6 und maximal 16 Grad unterhalb des Horizontes befindet. In Norddeutschland kann man die Leuchtenden Nachtwolken von Anfang Juni bis Mitte Juli die ganze Nacht sehen, da die Sonne nicht tiefer als 16° unter dem Horizont sinkt. Aber es ist nicht gesagt, dass die NLCs jeden Abend an einem sternenklaren Himmel auch jedesmal zu sehen sind.
Mal erschienen sie nur einige Grad über dem Horizont, mal konnte ich sie sogar senkrecht über mir sehen. Forscher haben festgestellt, dass die NLCs in den letzten Jahren sich mehr und mehr Richtung Süden verschoben haben. So gab es dieses Jahr z. B. auch Sichtungen in Österreich und Italien!
Auf der südlichen Halbkugel gibt es dieses Phänomen der NLCs natürlich auch, dort dauert die Nachtwolkensaison von Ende November bis etwa Anfang Februar. Beobachten kann man das Spektakel aber nur in Südamerika, da die Südspitze des Kontinents mindestens bis zum 50sten südlichen Breitengrad reicht.
Noctilucent Clouds beobachten und fotografieren
Um die NLCs am Abendhimmel zu sehen, ist kein spezielles Equipment notwendig, da man sie problemlos mit bloßem Auge erkennt. Zum fotografieren benötigt man ein Stativ wegen der längeren Belichtungszeiten, einen Fotoapparat, bei dem man die Belichtungszeit, die Blende sowie den ISO-Wert manuell einstellen kann. Zudem ist ein Weitwinkelobjektiv sehr hilfreich, um die Ausmaße der Leuchtenden Nachtwolken am Horizont aufzuzeigen und um auch einen schönen Vordergrund mit einzubinden. Ich habe die NLCs aber auch mit einem Teleobjektiv fotografiert, um die feinen Strukturen zu zeigen.
Im Juni und Juli, dann wenn die Tage am längsten sind und die Nächte oberhalb des 50tem nördlichen Breitengrades gar nicht richtig dunkel werden, ist es gar nicht nötig, den ISO-Wert an der Kamera so hoch zu stellen, was auch das Bildrauschen verringert. Ich wählte selten eine Einstellung über 800 ISO (was vielleicht auch mit dem Streulicht der Stadt zu tun hatte). Da viel Licht auf den Sensor kommen soll, stellt man auf Offenblende (kleine Blendenzahl, große Blendenöffnung). Bei der Belichtungszeit nicht länger als 30 Sekunden belichten, da sonst die Sterne wegen der Erdrotation nicht mehr als Punkt abgebildet werden, sondern als kurze Striche. Gehen Sie am Besten nicht über 20 Sekunden. Sehr hilfreich ist auch ein Fernauslöser (kabellos oder mit Kabel), damit keine Verwacklungen durch das Betätigen des Auslösers an der Kamera aufteten.
Besonders schön sind die Fotografien mit den Leuchtenen Nachtwolken, wenn noch der Horizont orange vom Sonnenuntergang gefärbt ist und darüber die unterschiedlichen Blautöne des Nachthimmels schimmern, Sterne zu sehen sind und vor all dem die NLCs leuchten - einfach nur WOW!
Wichtig ist es natürlich auch, dass man sich einen Standort sucht, bei dem es eine geringe Lichtverschmutzung durch künstliche Beleuchtungen gibt. Meine Fotografien sind alle in Berlin entstanden, und da war das mit der Lichtverschmutzung nicht immer optimal. Auch eine erhöhte Position zu finden, um einen freien Blick zum Horizont zu haben, ist in dieser "flachen Stadt" nicht so einfach.
Die NLC bewegen sich auch, nicht sehr schnell, aber sie bewegen sich. Die Wellenbewegungen, die diese oft feingliedrigen Wolken vollführen, sind hervorragend in einer Zeitraffersequenz darzustellen.
Das einzigartige Himmelsspektakel der Leuchtenden Nachtwolken ist seltener zu beobachten als das Polarlicht, da es nur in ein paar Wochen um die Sommersonnenwende zu sehen ist. Und dann muss das Wetter mitspielen und keine Wolken am Horizont sein, die den Blick auf die NLCs verdecken können. Und ob sich dann in der Mesopause Eiskristalle bilden, weil es dort oben kalt genug ist, kann keiner vorhersagen. Also immer den Wetterbericht verfolgen und nach Sonnenuntergang bzw. vor Sonnenaufgang den Horizont in nördlicher Richtung im Auge behalten.
Das spannende am Sommer 2020 war, dass zur Zeit der Sommersonnenwende auch der Komet NEOWISE am Abendhimmel zu sehen war. So konnte man mit ganz viel Glück den Kometen in den Leuchtenden Nachtwolken fotografieren - wirklich etwas ganz spezielles! Und für die Nachtfotografie hatte die Corona-Pandemie auch "etwas Gutes", denn es waren fast keine Flugzeuge am Nachthimmel zu sehen. So haben keine Kondensstreifen und die Lichter der Flieger den atemberaubenden Anblick des Nachthimmel gestört.
Also merken Sie sich doch einmal für den nächsten Sommer die Zeit um die Sommersonnenwende vor, um Ausschau nach den Leuchtenden Nachtwolken zu halten. Es ist absolut lohnenswert! Ich werde dann versuchen, mich in einer ländlicheren Gegend in Norddeutschland aufzuhalten, z.B. an einem See, um die Spiegelung der Leuchtenden Nachtwolken auf dem Wasser mit zu fotografieren.
Zeitraffer-Videos von den tanzenden Leuchtenden Nachtwolken und vom Kometen NEOWISE können Sie in meiner Rubrik Timelapse sehen.