Nebelkrähen Nestbau und Aufzucht der Jungtiere
Vor meinem Balkon in Berlin nisten Nebelkrähen. Vom Nestbau bis zum Pflüge werden der Jungtiere möchte ich hier diese spannende Phase mit Fotografien und Videos dokumentieren. Ein Hinweis zur Nutzung des Krähenblogs: Das Programm setzt leider die Videos immer an oberste Stelle. Auch wenn ich aktuellere Fotos und Blogeinträge hoch lade, werden diese immer erst unterhalb der Videos angezeigt. Also bitte immer auch mal etwas runter scrollen, um die neuesten Blog-Einträge samt Fotografien zu lesen/anzuschauen.
Allgemeines zur Nebelkrähe (Corvus cornix)
Der Körper des Nebelkrähe ist nebelgrau. Kopf, Flügel und Schwanzfedern sind hingegen Schwarz. Der Brustlatz ist vom Kopf her schwarz ausgefranzt und variiert von Vogel zu Vogel. Das nebelgrau-schwarze Gefieder gab der Krähenart wohl ihren Namen. Sie gehören zur Familie der Rabenvögel.
Die ausgewachsenen Vögel können eine Spannweite von einem Meter erreichen bei einer Körpergröße um die 50 cm und einem Gewicht von 400 bis 600 Gramm.
Im Winter sieht man die Nebelkrähen in großen Schwärmen umherziehen. Zur Brutzeit (Nestbau März bis Juni) sieht man sie entweder paarweise oder in kleinen Nichtbrütergruppen umherfliegen. Brutpaare besitzen ein Territorium, welches sie vehement verteidigen. Sie führen eine monogame Dauerehe.
Am Nestbau beteiligen sich beide Vögel, die Eier ausbrüten erledigt das Weibchen, wobei sie vom Männchen die ganze Zeit gefüttert wird. Er sitzt auch oft in der Nähe und achtet darauf, dass ihr keine Gefahr droht. Drei bis sechs Eier legt das Weibchen ein bis zweimal im Jahr. Die Brutdauer liegt bei etwa 20 Tagen.
An der Fütterung der Jungtiere beteidigen sich beide Elterntiere. Nebelkrähennester sind absolut sauber. Die Jungtiere machen nicht in die Nester oder kacken über den Rand der Nester. Wenn die Elterntiere am Nest sind, animieren sie die Jungtiere, ihren Kot bei hochgehobenem Hinterteil herauszudrücken, der in festem Zustand dann von den Eltern mit dem Schnabel aufgenommen und entsorgt wird. Auch das Fressen, dass die Jungtiere nicht richtig verdauen können, holen die Elternvögel aus dem Rachen der Jungtiere und entsorgen es. Erst wenn das alles erledigt ist, erhalten die Jungtiere frisches Futter.
Nebelkrähen sind Allesfresser: Amphibien, Vogeleier, Mäuse, wirbelose Tiere, Beeren, Nüsse, Früchte, Sämereien, aber auch Abfall und Aas verachten sie nicht.
Nebelkrähen kümmern sich wirklich absolut liebevoll um ihren Nachwuchs!
Nach 30 bis 35 Tagen sind die Jungtier dann reif, das Nest zu verlassen. Die ersten Flugversuche der Jungtiere begleiten die Elterntiere aufmerksam. Sie fliegen vom Nest eine kurze Strecke und schauen, wie sich die Jungtiere, die sich da schon trauen, anstellen. Etwa vier Wochen werden sie dann noch von den Eltern gefüttern und geführt, bis zu einem Jahr bleiben die Jungvögel noch in der Nähe der Eltern.
Der Bestand der Nebelkrähen in Deutschland gilt als nicht gefährdet. Über die Intelligenz der Rabenvögel lest ihr immer wieder etwas in den Blogbeiträgen.
Ein liebevolles Dankeschön
Während des Nestbaus kommt das Männchen ab und an nicht mit einem neuen Zweig zum Nest zurück, sondern bringt seiner Partnerin ein Leckerli als kleines Dankeschön vorbei. Diese liebevollen Zärtlichkeiten zeigen sich die beiden in vielen Momenten im Alltag - einfach nur schön zu beobachten! ODER: Ist es das Weibchen, dass dem Männchen eine kleine Aufmerksamkeit mitbringt, als Dankeschön für seine fleißige Arbeit? Ich glaube, sie haben mich wieder akzeptiert. Als ich heute auf dem Balkon war, kam einer der Vögel ganz dicht vorbeigeflogen, um zu schauen, wer ich bin. Er kam zurück und setze sich auf einen Ast dicht an meinen Balkon und begann nach einem Zweig zu suchen, den er für den Nestbau verwenden könnte. Dabei beobachtete er mich intensiv, was ich so mache. Vor zwei Jahren saß Kater Carlo mit auf dem Balkon, auch er wurde von den Krähen akzeptiert. Wenn die Krähen unten im Hof Katzen entdeckt hatten, wurden diese von beiden mit lautem Gekrächze attackiert. Wenn ich mit Carlo im Hof war, hatten die Krähen nichts gemacht, außer ihn zu beobachten.
Schwere Arbeit
Wie zu erkennen ist, werden die Zweige, die beim Rütteln im Nest herunterfallen, auch wieder eingesammelt und verwendet. Dieser große Zweig ist erstens schwer und auch recht sperrig. Seine Krallen helfen ihm nicht, einen festen Stand auf dem Ast zu finden, doch mit Geduld und Können schafft er es, ihn durch das Geäst des Baumes zum Nest zu transportieren. Sorgsam wird die richtige Position für diesen Zweig gesucht und auch erfolgreich gefunden.
Die erste Nacht ...
... für das brütende Nebelkrähen-Weibchen war gleich eine ziemliche Herausforderung: kalt und regnerisch. Heute morgen war etwas Aufregung bei den beiden gewesen, da wohl in einem Nachbarhof andere Nebelkrähen brüten und die sich ab und an in die Quere kommen. Wie auch gestern, hat dann das Weibchen über eine Stunde nicht auf den Eiern gesessen. Aber sie wird schon wissen, wie lange sie wegbleiben kann, ohne dass da etwas passiert. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das Männchen rumkräht, um sie zu animieren, wieder zum Nest zu fliegen. Bisher konnte ich noch nicht beobachten, dass er sie am Nest gefüttert hat, was ja, neben dem aufpassen, zu seinen Aufgaben gehört.

Die Eiablage ist ...
... wohl heute morgen erfolgt! Das Weibchen sitzt jetzt mehr als eine Stunde am Stück im Nest und hält die Eier warm. Das ist auch dringend nötig, denn es ist kalt geworden in Berlin: die gefühlte Temperatur liegt bei gerade einmal 1°C, und es regnet. Das Männchen sitzt auf einem guten Beobachtungspunkt und kontrolliert alles. Nach 1 bis 1 ½ Stunden auf den Eiern fängt das Weibchen an zart zu rufen. Von ihm kommt da aber keine Reaktion, auch dann nicht, wenn ihr rufen etwas energischer und frequenter wird. Ob sie gerne von ihm etwas zu fressen gebracht bekommen hätte? Sie verlässt dann das Nest, reckt und streckt sich und putzt ihr Federkleid. Sie sucht sich dann noch etwas zu futtern und kommt nach ca. 10 Minuten wieder zurück zum Nest. Das Ausbrüten der Eier obliegt bei Nebelkrähen ganz allein den Weibchen.

Das Weibchen sitzt jetzt ...
... immer länger im Nest. Da ich nicht in das Nest schauen kann und auch keine Drohne fliegen lassen will, weiß ich nicht, ob sie schon Eier gelegt hat. Da die Sitzphasen immer so 5 - 10 Minuten dauern, gehe ich noch nicht von der Eiablage aus. Das Männchen sitzt immer in der Nähe, und schaut, dass alles sicher für sie ist. Wenn das Weibchen wieder zum Nest kommt, hat es immer noch Füllmaterial dabei, mit dem sie sich das Nest weiter auspolstert. Dadurch, dass sie gegenüber 2023 Mit dem Nestbau ca. 6 Wochen früher angefangen haben, sind noch keine Blätter am Baum. Und da die Sonne schon ordentlich Kraft hat, hechelt sie mit offenem Mund. Auch ist durch den Blättermangel das Nest noch nicht so gut getarnt. Wenn mal ein Greifvogel in meist größerer Höhe über das Nest fliegt, macht sie sich ganz klein. Da ragt der Kopf dann nicht wie auf dem Foto in die Höhe, sondern liegt ganz flach auf dem Nestrand.

Abflug
Nach der Bearbeitung des Nestes mit neuem Material haben die beiden Krähen unterschiedliche Abflugkorridore. Ab und an starten sie auch mal in Richtung Balkon. Besonders wenn ich dort sitze, schauen sie gerne einmal genauer vorbei, um sicher zu sein, dass ich harmlos bin.

Der Störenfried ...
... ist immer noch da und hält das Nebelkrähenpaar ziemlich auf Trab. Es ist jetzt so, dass nur noch das Weibchen mit neuem Polstermaterial im Schnabel für den Innenausbau zum Nest fliegt. Das Männchen kommt mit ihr zusammen zurück, setzt sich aber auf erhöhte Plätze in der Nähe mit guter Aussicht und beobachtet alles. Wenn das Weibchen fertig mit dem Einbau des neuen Materials ist und wieder wegfliegt, folgt er ihr umgehend. Der Störenfried kam auch heute noch einmal ganz dicht ans Nest. Doch als er mich auf dem Balkon sah, flog er davon, was das Pärchen ja nicht mehr macht. Tja, da konnte ich den beiden ungewollt etwas helfen.

Inspektion
Auch wenn zur Zeit nur der Innenausbau des Nestes vorangetrieben wird, schaut sich das Weibchen das Nest auch ab und an von außen an, um zu gucken, ob alles noch an seinem Platz ist und sich nichts gelöst hat. Heute gab es größere Aufregung, da sich ein fremdes Nebelkrähen-Männchen dem Nest genähert hat und laut herumkrakeelte. Doch mit gemeinsamen Kräften wurde der Störenfried vertrieben.

Größenvergleich
Die Kohlmeise wirkt doch recht klein gegenüber dem fast fertigen Nest der Nebelkrähen. Hunderte von großen und kleinen Zweigen haben die beiden zusammengetragen und perfekt ineinander verwoben. Gestern und auch heute haben sie hauptsächlich Polsterung für das Innenleben des Nestes herangebracht. Nachdem sie es im Nest abgelegt hatten, strampelten sie mit den Füßen gegen da Material und drückten es so zwischen die Zweige. Links am Nest kann man sehr schön sehen, wie sie es kräftig hineingedrückt haben. Dort quillt es schon wieder etwas heraus. Moose, Federn, Dämmmaterial von Baustellen, Tierhaare etc. haben sie gekonnt verarbeitet.

Polsterung
Die beiden Nebelkrähen waren die Tage sehr fleißig gewesen und haben sehr viele Zweige verarbeitet. Es sind hauptsächlich kleinere Zweige, die sie jetzt noch in des Nest einbauen. Die jungen Triebe sind beim Einbau eine Herausforderung, da sie sehr elastisch und widerspenstig sind und immer wieder aus ihrer angedachten Position springen. Und es wird jetzt auch vermehrt Polsterung für das Nest besorgt und ausgelegt (siehe Foto), damit das Weibchen komfortabel die Eier ausbrüten kann, und es in dem Nest auch nicht so durchzieht. Heute kamen die beiden oftmals gleichzeitig mit Nistmaterial angeflogen. Als ob die Vorfreude bei ihnen ansteigt. Das Nest ist bereits sehr groß. Bei jedem neuen Einbau des Nistmaterials wird das Nest einem Stresstest unterzogen. Und es wackelt kaum noch ein Zweig, alles ist nun exzellent festgezurrt!

Kontrolle
Als ich heute morgen meinen Kaffee auf dem Balkon getrunken habe, beobachtete mich eine der Nebelkrähen (ich vermute das Weibchen) erst von einem Baum aus und kam dann direkt zu mir und landete oberhalb des Balkons auf der Dachrinne, um zu schauen, wer ich bin und was ich denn da mache. Die Konturen von Menschen wird der Vogel kennen, aber es ist ihr wohl nicht ganz geheuer, was ich da immer vor meinen Kopf halte. Und eine Kamera samt einem 150 - 600 mm Objektiv ist nun wirklich nicht gerade klein. Als sie auch die Auslösegeräusche der Kamera gehört hatte und merkte: okay, scheint keine Gefahr zu sein, ist sie ein paar Meter weiter zum Nest geflogen und hat ihren Zweig ins Nest eingeflochten. Das Männchen ist kurze Zeit später mit Nistmaterial auch zum Nest geflogen, allerdings hat er es nicht ins Nest eingebaut, sondern ist zu einem anderen Baum weiter geflogen. Als wenn er parallel in einem andern Baum weiteres Nest baut. Er scheint sehr vorsichtig zu sein und traut der Situation wohl noch nicht. Sie ist ihm dann immer hinterher geflogen.

Auch heute morgen ...
... überraschte das Männchen seine Partnerin mit einer kleinen Mahlzeit zwischendurch. Während ich meinen Kaffee in der Morgensonne auf dem Balkon genoss, waren die beiden schon sehr fleißig. Wenn einer der beiden einen größeren Zweig im Schnabel hat, setzt er sich oftmals auf das Hausdach gegenüber und positioniert den Zweig erst einmal richtig in seinem Schnabel, damit er gut das Nest anfliegen kann. Das die beiden Nebelkrähen mit dem Nestbau 6 Wochen früher als vor zwei Jahren angefangen haben, hat für mich einen großen Vorteil: Der Baum hat noch keine Blätter, so dass ich eine bessere Sicht auf die Vögel habe und auch wesentlich mehr Licht zur Verfügung habe. Das Baum ist ein Rot-Ahorn mit sehr dunklen Blättern, die sehr viel Licht schlucken. Selbst bei Sonnenschein mußte ich mit ISO 4000 fotografieren, um die Bewegung der Vögel im Bild einfrieren zu können. Zur Zeit kann ich noch mit ISO 1000 fotografieren.

Nest-Stresstest
Immer wieder legt sich eine der Krähen ins Nest und wackelt heftig hin und her und tritt auch mit den Füßen gegen die aufgeschichteten Zweige. Sie sollen sich so gut ineinander verhaken. Das da auch mal der ein oder andere Zweig herunterfällt, wird in Kauf genommen. Die dann losen Zweigen werden wieder neu eingebaut. Danach werden neue Zweige gebracht und verarbeitet. Schaut auch einmal, wie dick die Äste sind! Die brechen sie nur mit ihrem Schnabel ab! Was für eine Kraft. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die beiden Vögel dieses Nest zum brüten nehmen werden, da ich beobachten konnte, wie Sie mit Zweigen im Schnabel zu einem anderen Baum geflogen sind. Am Anfang muss ich mich halt sehr vorsichtig auf dem Balkon zeigen, damit sie vertrauen bekommen und spüren, dass ich keine Gefahr für sie bin.

Perfektes Teamwork!
Wenn eine der Krähen einen größeren Zweig an einem Baum abgebrochen hat, kommen beiden Vögel zum Nest, um ihn gemeinsam zu verbauen. Der Anflug mit dem manchmal bis zu etwa 40 cm langen, verzweigten Zweig ist gar nicht so einfach für den Vogel, denn der Weg zum Nest ist stellenweise recht schmal. Während des Einbaus kommunizieren beide miteinander. Auf dem Foto ist schön zu sehen, wie die Krähe im Nest sich ein Ende des Zweigs geschnappt hat und mit versucht, den Zweig in die richtige Position zu bringen. Zum Schluß scheint das Weibchen im Nest sitzend alles zurecht zu zurren.

Sie sind wieder da!
2023 nistete ein Krähenpaar im Baum vor meinem Balkon in Berlin. Dieses Jahr bauen sie ihr Nest wieder in der gleichen Astgabel. Der Beginn des Nestbaus ist über 6 Wochen früher als vor zwei Jahren. 2024 hatten sie auch in dem gleichen Hof genistet, nur in einem Baum weiter weg von meinem Balkon. Ich konnte da nur im Sommer beobachten, wie sie die Jungvögel bei Ihren ersten Flugversuchen im Hof begleitet hatten.
